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15.12.2016 :: Wie das Projekt entstand.
14.12.2017 :: Heute ist der 365. Tag meines Projektes.
15.12.2016
365 Tage begann als ein einjähriges Projekt vom 15.12.2016 bis 15.12.2017 mit dem Vorhaben, jeden Tag mindestens ein Foto zu machen mit Menschen, die mir begegnen und mit denen ich zu tun habe und ab und zu auch ein paar erklärende Worte hinzuzufügen. Oder wenn an einem Tag mir niemand begegnet mit dem ich nicht zusammen lebe, so doch etwas über diesen Tag zu vermerken.
Die Idee entstand, weil ein Freund seit 1980 immer in der gleichen Woche eines jeden Novembers tagsüber jede 2 Stunden ein Foto seines Alltages gemacht hat – was für eine Kontinuität.
Die Idee verknüpfte sich dann in mir mit professionellen Aspekten: in den vielen Jahren der Beratungstätigkeit und der therapeutischen Arbeit in der Suchthilfe habe ich so viele Klienten und Klientinnen kennen gelernt, die, zumeist in der Folge von entwicklungs- und lebensgeschichtlichen Traumatisierungen, nur fragmentierte Lebensgeschichten erinnern konnten. Die Rekonstruierung dieser Lebensgeschichten, Erinnerungen und Narrationen wirkte dann heilsam integrierend und identitätsstiftend. Die traumalösende Wirkung im autobiografischen Gedächtnis ist hinlänglich bekannt, siehe auch NET = Narrative Expositionstherapie.
Im „Kleinen“ merken wir „normal“ Neurotischen, also nicht behandlungsbedürftigen, die Fragmentierungen immer dann, wenn wir uns erinnern wollen „Sag mal, weißt Du noch, was ich 1990 an Weihnachten von Dir geschenkt bekommen habe?“
Und das Gedächtnis läßt im Alter bekanntlich nach. Einerseits habe ich hoffentlich durch vielseitiges Training gut vorgesorgt und ich bemühe mich retlich, mein Gehirn auf Trapp zu halten. Ich kann immer noch 36 Kurstage der Weiterbildung in Systemischer Beratung, 22 Tage der Therapieweiterbildung und diverse Themenworkshops aus dem Kopf vortragen und gestalten – mir reichen allein die Mindmaps (siehe links) mit den Themenüberschriften – alles andere ist und kommt aus dem Kopf.
Irgendein ein Hirnforscher sagte, daß man vom Niveau des Mont Blanc [Höhe: 4.809 m] lange braucht, bis man auf dem Meeresspiegel landet. Wenn der Ausgangpunkt allerdings der Kahle Asten [Höhe: 841 m] ist, wäre man viel schneller am Strand.
Dem Leben im Rentenbezug seit 1.3.2016 fehlt die tägliche und wöchentliche ritualisierte Kontinuität, in die jene besonderen Gelegenheiten und Erlebnisse des Lebens eingebettet sind. Mit dem Projekt 365tage verschaffe ich mir für ein Jahr eine virtuell konstruierte Kontinuität. Sie nötigt mich, jeden Tag explizit zu realisieren und im zeitlichen Kontext zu erleben – so das Vorhaben und die Hoffnung.
Ich wünsche viel Spaß beim Schauen der (fast) täglichen Fotos.
Bitte gebt diesen Domainnamen www.365tage.me nicht an andere weiter. Diese Internetseiten sind ausschließlich für meine eigenen Kontaktpersonen gemacht und nicht für Dritte. Deshalb sind die Seiten z. B. auch für Google gesperrt, und es gibt auch keine Schnittstellen zu Social Media Seiten. Und bitte keinen Link in anderen Websites platzieren, weil die Seite dann öffentlich würde.
Siehe extra auch meine Bemerkung im Impressum.
14.12.2017 :: Heute ist der 365. Tag meines Projektes.
Um es vorwegzunehmen: manche haben schon gesagt, wie schade sie es fänden, daß heute nun das Projekt vorbei sei. Aber ich mache weiter, wenn auch nicht mehr in der bisher täglichen Weise.
Künftig schreibe ich „nur“ noch zu Anlässen, die mir selbst als „besonders“ erwähnenswert erscheinen. 1. weil Euch etwas aus meinem Leben interessieren könnte und ich Euch etwas mitzuteilen habe und 2. weil ich für mich etwas dokumentieren und es später noch einmal nachschlagen möchte. Ich werde also weiter bloggen.
Du kannst Dich künftig über neue Blogbeiträge per eMail informieren lassen. Gehe dazu auf eine beliebige Seite auf der unten das Feld zum Schreiben von Kommentaren erscheint. Unter dem Eingabefeld findest Du die entsprechende Funktion. Es würde mich freuen, u. a. auch auf diese Weise im Kontakt zu bleiben.
Wie habe ich das Jahr, wie habe ich dieses Projekt, wie habe ich mich als Blogger erlebt?
Das Zeitphänomen: Der Effekt in den ersten Wochen war, daß sich die Zeit dehnte. Ich dachte oft: das wird das längste Jahr meines Lebens. Da habe ich mich noch jeden Abend hingesetzt, den Tag Revue passieren lassen und die passenden Fotos rausgesucht. Dadurch bekam jeder Tag etwas Besonderes. Obwohl die Tage und Wochen vergingen, entstand der Eindruck, daß der 15.12.2016 noch neulich war. Viel Zeit in kurzem Zeitfenster. Es war, als hätte ich anders als sonst Zeit gewonnen.*
Der Effekt hält, wenn auch in abgeschwächter Form, bis heute an. Er korrespondiert aber wohl auch damit, daß ich durch das Leben im Rentenbezug und in der Freiberuflichkeit und als Teilzeithausmann keine Routine mehr lebe. Früher fuhr ich morgens in die Arbeit, ein Gespräch nach dem anderen, ein Vorgang nach dem anderen und schwapp war es Feierabend und ich fragte mich oftmals „Wo ist nur dieser Tag geblieben?!“ Dieses Phänomen der Zeitverzerrung ist in der Arbeit mit Hypnose bekannt, zumeist verbunden mit dem Erstaunen, daß man nicht wahrgenommen hat, wieviel Zeit im Zustand der Trance schon vergangen ist. Mein Erleben ist jedoch die Umkehrung in dem Erstaunen, wieviel Zeit zur Verfügung steht. Ist aber wiederum nicht erstaunlich, wenn man bedenkt, daß bewußtes Erleben den Gegenpol zum Trancezustand darstellt.
Ob Tagebuchschreiber dieses Phänomen so auch kennen? Es gibt dazu jedoch den Unterschied, daß mein Zeiterleben verbunden ist mit dem Bezugspunkt des Beginns dieses Blogs – 15.12.2106 und seinem bevorstehenden Ende – 14.12.2017, und das Erleben darin eingebettet war. Ich merke schon, mit dem Zeitphänomen bin ich noch nicht fertig.
Reaktionen der Umwelt: Fast alle Menschen, denen ich über mein Projekt erzählte, freuten sich und fanden es interessant bis toll. Ich habe niemand getroffen, dem es egal gewesen wäre und mit den meisten ergab sich ein Gespräch über meinen Kontext. Vielen Dank an Euch alle, die Ihr mich ermutigt habt und für den Zuspruch.
Private und berufliche Kontakte: Ich selbst habe im Kontext dieses Projektes Unterschiede zwischen privaten und beruflichen Kontakten erlebt, die ich zuvor so nicht bedacht und erwartet hatte. Während ich mich in privaten Kontexten nicht erinnern kann, daß ich nicht jedermann ansprechen konnte, um ein Foto zu bitten (selbst den unbekannten Zeckenbesitzer, den Radfahrer oder die schwedische Bäckerin nicht), erwiesen sich meine Fotowünsche in den beruflichen Kontexten als etwas komplexer. Ich gebe Fortbildungen, mache Coachings und Supervisionen, alles mit Gruppen und Einrichtungen und da stellt sich schon mal die Frage nach der Schweigepflicht, dem Datenschutz und mehr. Und kann ich jemand, mit dem ich arbeite und eine gegenseitige Abhängigkeit besteht, um ein Foto bitten? Ich habe es in etlichen Fällen gewagt und spontane und freudige Bereitschaft erfahren. In manchen Kontexten sagte mir meine Intuition – besser hier nicht fragen. 2 Teams haben freundlich aber bestimmt gesagt, sie möchten kein Foto. Akzeptiert.
Nebeneffekt im beruflichen Kontext: Wenn ich berufliche Tage gebloggt habe, ging damit fast immer auch eine fachliche Reflexion einher. Ich erfahre ja viel darüber wie heutzutage Sozialarbeit, Pädagogik, Betreuung, d. h. insbesondere die Arbeit mit den benachteiligten Menschen unserer Gesellschaft funktioniert oder zumeist aufgrund politischer, gesellschaftlicher, struktureller, finanzieller und organisatorischer Mängel und Zustände nicht gut funktioniert. Hinzu kommt ein Generationenwechsel u. a. auch in den Leitungsebenen – die einst gesellschaftspolitisch motivierte erste Generation an Sozialarbeitern, nicht nur aber auch in Leitungsfunktionen, kommt seit ein paar Jahren in die Rente und es folgen oft Leitungen nach, die betriebswirtschaftlich, manchmal auch machtorientiert, drauf sind und die das Wohl und die Lebensbedingungen der Klientel nicht wirklich im Blick haben, sondern die Zahlen – siehe Luhmann. Lange Rede kurzer Sinn – ich hätte gerne manchmal solcherlei Erfahrungen und Reflexionen bloggerisch aufgeschrieben, habe mir das aber versagt, weil das jeder von Euch mit dem beruflichen Kontext des jeweiligen Tages hätte verknüpfen können und das läßt meine Schweigeverpflichtung nicht zu. Ich werde mal überlegen, was ich mit diesem Aspekt künftig mache.
Die Zukunft: An manchen der 365 Tage, an denen ich niemand getroffen habe und es kein Foto gab, habe ich mir etwas „aus den Fingern gesaugt“, wie man so sagt. Wie man sieht, ist mir immer etwas eingefallen – auch das ist ein schöner Effekt: geforderte Kreativität. Ich dachte manchmal, puh – das wird die User langeweilen, war mir selbst dann aber näher, sorry, als Ihr mir, weil ich das Projekt, nochmal sorry, primär für mich gemacht habe und sekundär für Euch.
365 Tage – die 2. Staffel: Ich werde weiter machen. Zum einen sitzt mir Rike, meine Gattin, die mich mit unerwarteter Bereitschaft zu gemeinsamen Selfies begleitet hat, im Nacken, weil sie unsere künftigen Ortswechsel dokumentiert haben möchte. Dieser Bitte komme ich sehr gerne nach.
Zum zweiten möchte ich (zunächst) für ein weiteres Jahr jene Tage dokumentieren, die ich mir, aus welchen Gründen auch immer, unbedingt in Erinnerung halten möchte, mit Fotos wie mit Gedanken, so ähnlich wie ein Tagebuch woran ich Euch gerne teilhaben lasse. Also auf bis zum 14.12.2018.
Dezember 2018
Ich mache weiter zu besonderen Gelegenheiten und Situationen meines Lebens.
Dezember 2019
Und bitte dran denken: Dieser Blog ist privat und nur für Dich bestimmt.
Siehe extra auch meine Bemerkung im Impressum.
Euer Hans
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